"Plopp" heißt "Stopp"

Vier Sorten Fußballexperten gibt es – grob gesagt. Den Allrounder (A), der als Aktiver glänzen konnte und auch als Passiver, also fachkundiger Kommentator, Trainer, Kolumnist oder Interviewpartner. Vielleicht würden manche Jupp Heynckes dazuzählen, manche weniger vielleicht Mario Basler und auch bei Otto Rehhagel scheiden sich gewiss die Geister. Jürgen Klopp ist jetzt mal außen vor und César Luis Menotti ist schon in anderen Sphären. Und Lothar Matthäus? Man mag sich über seine Eskapaden im realen Leben echauffieren, zumindest darüber wundern, wie wenig modern und alltagstauglich sich der Mann geriert. Aber wenn er über Fußball spricht, hat das öfters Hand und Fuß. Franz Beckenbauer und Günter Netzer waren gewiss aufm Platz genial, aber ob sie wirklich über passiven Fußballsachverstand verfügen, war bis heute noch nicht letztlich zu ergründen. Immerhin sind die beiden nicht eine Spur zu viel selbstironisch.

Dann gibt es diejenigen, die als Aktive höchstens in nachrangigen Jugendteams oder in der Kreisklasse reüssierten, aber einen wundersamen Schatz an taktischem und faktischem Wissen mit sich tragen (B). Als Spieler durften sie Manndecken, an der Außenbahn grätschen oder dem Spielmacher die Bälle zutragen. Die oberste Karrierestufe war für sie der Vorstopper. Aber sie wissen nicht nur, wie es in der deutschen Bundesliga steht, welche Spieler dort spielen und wie die Torjägerrangliste aussieht, sie wissen desgleichen auch für die zweite Bundesliga und den obersten Ligen in Spanien, Italien, England, Frankreich und meinetwegen auch Österreich. Ihnen gelingt es sogar, im Kicker-Managerspiel ein goldenes Händchen zu haben.

Im Gegensatz zur dritten Spezies (C), die im Managerspiel angesichts der vielen Namen und Möglichkeiten schnell den Überblick verlieren, selbst aber auf dem Platz durchaus ansehnliche Leistungen abliefern können. Stehen sie aber daneben, können sie nicht wie die anderen beiden Sorten das Spiel lesen, die Taktik sauber einordnen und die Leistung sämtlicher einzelner Spieler würdigen. Sie gehören auf den Platz, denn dort braucht es weniger Verstand denn Intuition, um zur richtigen Zeit zu grätschen, zu passen oder den Kopf nach dem Eckball hinzuhalten. Hier ist Instinkt und Reaktionsschnelligkeit plus Körpereinsatz gefragt. Für die Spielanalyse oder gar ein Tippspiel fehlt es ihnen aber an einem theoretischen Fundament.

Und dann gibt es noch welche, die so gar nichts mit dem Kickgeschehen anfangen können (D). Sie haben höchstens in der sechsten Schulklasse als Aushilfstorwart gedient und durften dann den Ball nur berühren, wenn sie ihn nach einem Tor oder Fehlschuss des Gegners aus dem Netz oder dem dornigen Gebüsch holen mussten. Den Abstoß besorgte vorsichtshalber ein anderer. Wenn sie einen Raum betreten, in dem Fußball dargeboten wird, stellen sie immer zwei Fragen: 1. Wer spielt denn da? und 2. Und wer sind die Roten? Sie sehen dann zwar den Ball rollen, lassen sich aber leicht von der Umwelt ablenken, die so viele angenehmere, weil auch leichter einzuordnende Reize bietet. Als Sachkundige sind sie dennoch einzustufen, und zwar in dem Sinne wie Fondsmanager als "Finanzexperten" angesehen werden. Nicht ganz so selten liegt Spezies (D) nämlich mit ihren Tipps richtig. Schon öfters haben fußballgefestigte Kollegen in Firmen über ihre nichts ahnenden Kolleginnen den Kopf geschüttelt, die den Jackpot des Europameisterschaftstipps knackten – weil sie rein nach Ästhetik tippten oder in der Windel ihres frisch Geborenen lasen.

Zu (A) und (B) zähle ich mich gewiss nicht. Auch nicht zu den vielen einzelnen Abstufungen dazwischen, also eher zwischen (C) und (D). Es fehlt mir an gründlichem Hintergrund, um einen sattelfesten Tipp abzuliefern. Das Kicker-Sonderheft, das am 9. August erscheint, wird mir nicht helfen, denn da steht sowieso immer nur drin, dass Bayern Meister wird und wenn die in der Vorsaison nicht Meister wurden, dann hat der, der es tatsächlich wurde, wenigstens gute Chancen, selbst noch einmal Meister zu werden. Absteigen tun die Aufsteiger. Da kommt mir eigentlich entgegen, dass die Tipps der anderen Teilnehmer hier einsehbar sind. Aber vermutlich werden diese ihre Geheimnisse nicht sofort verraten und die Joker erst aus der Tasche ziehen, bis es zum 24. August heißt "plopp", denn das heißt ja "stopp".