Analyse jetzt.

Das prophetische Bulletin des 32. Spieltags blickt zurück. Wie war das nochmal vor der Saison? Augsburg ein sicherer Absteiger und Dortmund im Duell mit Bayern?

Da ist er wieder: Marvin Burmester, aus der Tiefe des Raumes. Plus 10 Plätze, einfach mal so. Vorbei an allen, die ich letzte Woche noch gelobt und gepriesen habe. Zwei Spieltage vor Schluss setzt sich Burmester auf die Pool-Position. Aber Vorsicht ist geboten. Anders als in den letzten Spielzeiten verschiebt sich das gesamte Vorderfeld von Spieltag zu Spieltag. Während in der letzten Propheten-Spielzeit sich zu diesem Zeitpunkt bereits drei Vorhersehungsexperten abgesetzt hatten, scheint es diesmal so zu sein, dass mindestens das gesamte erste Tableau noch intakte Chancen auf den Gesamtsieg besitzt. Also mindestens 30 Kandidaten. Wenn nicht mehr.

Wer das Auf und Ab der letzten Wochen versucht zu analysieren, bleibt allerdings ziemlich ratlos. Wie viele Propheten beweisen, scheint es möglich, die Bundesligatabelle vorauszusagen. Doch die Prophetenliga vorauszusagen: unmöglich. Fast scheinen die Verschiebungen, die wir Woche für Woche beobachten, in der Hoffnung, dass der eigene Name nicht meterweit in die Tiefe gesaust ist, dass diese Verschiebungen also vollkommen willkürlich geschehen würden. Als würde die Maschine, die meine Karius-Kollegen vor einigen Jahren programmiert haben, aus nichts anderem bestehen als einem imaginären Würfelbecher. Rauf und runter geht es mit den Propheten, unaufhörlich – und scheinbar ohne jedes System. Warum passiert das eigentlich? Was ist da los? Wie kann man es beispielsweise dem Propheten Frank Eppler erklären, dass er nicht vorne dabei ist, obwohl er es eigentlich verdient hätte. Gestern Abend kommentierte er seine eigene Prophezeiung mit der durchaus zutreffenden Feststellung „Also ich find meinen Tipp eigentlich gar nicht so schlecht.“ Und da muss ich sagen: Geht mir aus so. Gerade auf den letzten Plätzen unserer Liga tummeln sich einige Propheten, bei denen ich angesichts ihres Tipps sagen würde: Vorderer Platz, mindestens. Wenn nicht sogar: Chancen auf den Saisonsieg. Aber die Maschine mit dem großen Würfel hat offenbar anders entschieden. Warum nur?

Um wenigstens einen Lichtstrahl ins Dunkel des Mysteriums zu senden, habe ich mir einmal die einzelnen Mannschaften angeschaut, um zu ergründen, ob es Prophezeiungen gab, mit denen man Big Points landen konnte. Und tatsächlich. Die ganz großen Prophezeiungen gab es. Und zwar nicht zu knapp. Allen voran der FC Augsburg. Man kann sich kaum noch daran erinnern. Der FCA war vor der Saison einer der heissesten Abstiegskandidaten. Sagten alle Experten und nicht wenige Propheten. Und was passierte tatsächlich: Der FCA gewinnt sogar bei Bayern München und ist im Moment einer der aussichtsreichsten Kandidaten im Schneckenrennen um die EuropaLeague-Plätze. Im Moment liegt Augsburg an fünf. Vor Schalke. Vor Dortmund. Man muss zugeben: Arg viele Mitspieler hat es nicht gegeben, die das auf diese Weise schon vor Saisonbeginn gesehen hatten. Augsburg wurde von unserer Community mit einer durchschnittlichen Prophezeiung von 12,9 ins Rennen geschickt. Wer also Augsburg deutlich darüber einrangiert hatte, konnte sich einige Etagen in der Prophetentabelle sichern.

Der zweite Verein, bei dem man ordentlich Meter machen konnte, ist natürlich der VfB Stuttgart. 10,38 war der Schnitt, den wir alle den Schwaben mit in die Saison gaben. Darunter waren natürlich ettliche Propheten, die den Schwaben durchaus zugeneigt waren. Möglicherweise hat eine gewisse Sympathie die Stuttgarter nach oben gezogen. In der Durchschnittsprophezeiung, nicht in der Bundesligatabelle. Da liegen sie Moment dort, wo alle den SC Paderborn vermutet hätten, nämlich an letzter Stelle. Glatte 7,62 Plätze schlechter als die durchschnittliche Prophezeiung. Erst mit gewissem Abstand folgt der BVB. Dortmund liegt aktuell genau 5,34 Plätze unterhalb der Durchschnittsprophezeiung. An dieser Stelle darf man gerne in Erinnerung rufen, dass die Propheten den Dortmundert durchaus die Meisterschale zugetraut hatten. Vor der Saison lag der BVB nur knapp hinter Bayern. 1,66 war der Wert der Dortmunder, damit lagen sie nur hauchdünn unterhalb der Bayern, die mit einem Erwartungsschnitt von 1,57 in die Saison geschickt wurden. Wer sich also der Hoffnung von vornherein entzogen hatte, dass der BVB den Bayern Konkurrenz machen könnte, hat gewiss einen Vorteil in der Prophetentabelle erhalten.

Wenn man die Analyse weiter treibt, fallen auch noch andere Mannschaften auf, zum Beispiel Bremen, Hannover und Köln. Das musste man haben: Köln gut, Bremen gut und Hannover unten. Dann klappts auch mit den Propheten. Alle diese Mannschaften liegen mehr als 4 Plätze von ihrer durchschnittlichen Prophezeiung entfernt. Ist doch im Grunde ganz einfach, oder nicht? Die großen Abweichungen muss man eben drauf haben, so einfach geht gutes Prophezeien. In den Ausnahmen liegt eben die Regel. Wer das drauf hat, wird am Ende vorne sein.

Im Lichte dieser Erleuchtung will ich also die Prophezeiung des Tabellenersten Marvin Burmester analysieren. Schauen wir uns gemeinsam die sechs Mannschaften an, die ich oben erwähnt hatte. Augsburg hoch? Nun gut, Platz 10 hat Prophet Burmester vorhergesagt, das ist doch ganz anständig. Stuttgart unten? Jawohl, Burester hat völlig zutreffend Platz 16 markiert. Bene. Aber außer Stuttgart und Augsburg? Naja. Den BVB hat Burmester auf 2, Bremen mit Platz 12 eigentlich zu tief. Und Köln hat er auf Platz 17, das war gewiss keine prophetische Glanzleistung. Fehlt noch Hannover. Aber da möchte ich den Propheten Burmester in Schutz nehmen. Als Fan von 96 hatte er es schwer gehabt. Während der gesamten Saison, aber eben auch schon vorher. Seine Hannoveraner sah er auf Platz 8. Im Moment liegen sie auf dem Relegationsplatz. Wenn ich resumiere: Von 6 Überraschungen hat Burmester gerade mal zwei auf dem Zettel gehabt. Also ehrlich, so super ist das auch wieder nicht.

Und was ist die ganze Analyse wert? Vermutlich nichts. Marvin Burmester steht auf Platz 1. Er ist über alle Zweifel erhaben. Zweifel sind allerdings bei meiner Analyse angebracht. Sie taugt nicht. Und zwar gar nicht. Anhand der Prophezeiung des aktuellen Tabellenersten Marvin Burmester lässt sich auf jeden Fall nicht belegen, dass die Big Points in der Bundesligatabelle wichtiger wären als die anderen Mannschaften. Vermutlich ist es einfach so: Die Liga besteht aus 18 Teams – und jedes ist exakt so wichtig wie das andere. Big Points gibt es keine. Und die prophetische Maschine ist nichts anderes als ein riesengroßer Würfel. Als Liga der Propheten getarnt.