Arme Teufel

F*CK denkt sich so mancher FCK-Fan in diesen Tagen. Der Traditionsclub aus Kaiserslautern ist in die Dritte Liga abgestiegen und wird nach Lage der finanziellen Dinge wohl noch eine Weile dort bleiben.
"Der FC Kaiserslautern wird erstmals nach 117 Jahren in der dritten deutschen Fußballiga spielen." Die Wiener Zeitung haute letzte Woche diese putzige Schlagzeile raus. Wenn man von Traditionsvereinen spricht, kann die Tradition offenbar nicht lang genug zurückreichen. Was war passiert? Die Rumpeltruppe, mit der Trainer Michael Frontzeck seit diesem Februar versucht das Abstiegsgespenst zu vertreiben, hatte gegen Arminia Bielefeld 3:2 verloren. Äußerst unglücklich, nachdem die Lauterer bis weit in die zweite Halbzeit hinein noch 2:0 geführt hatten. Der Kicker schrieb im Spielbericht dazu sehr scharfsinnig, "dass die Roten Teufel den Roten Faden verloren" hätten. Auf der Bielefelder Alm, auch so ein Traditionsverein, wurde so der Abstieg in die Dritte Liga besiegelt.
Die Bielefelder Arminen werden sich gedacht haben, na und, das ist uns auch schon passiert. Zweimal sogar. 1988 erlitten sie das gleiche Schicksal, nur mit dem Unterschied, dass es damals unterhalb der 2. Liga noch keine Dritte Liga gab sondern nur den Amateurfußball der Oberligen. Ganze sieben Jahre benötigte Bielefeld damals, um wieder in die 2. Liga aufzusteigen, um danach als sogenannte Fahrstuhl-Mannschaft immer mal wieder ganz hoch aufzusteigen, um gleich wieder abzusteigen. 23 Jahre nach dem ersten Totalabsturzgab esdas Drama abermals, nämlich 2011, nun mit dem Abstieg in die Dritte Liga. Die Lauterer täten gut daran, sich das Bielefelder Schicksal genauer anzusehen. Schuld am Auf und Ab waren immer wieder finanzielle Misswirtschaft gepaart mit Größenwahn.
Letzteres kann man seit Jahren auch auf dem Betzenberg beobachten. Die oft nur mit Mühen und Auflagen erreichten Lizenzen für den Zweitliga-Betrieb dokumentieren die großen finanziellen Probleme.Aus dem damals noch sehr solventen, strahlenden Überraschungsmeister der Saison 1998 ist innerhalb von 20 Jahren ein finanzieller Pflegefall geworden. Ähnlich wie in Bielefeld, gibt es zwar eine große und treue Fan-Gemeinde auch in der pfälzischen Provinz, doch das Reservoir an Sponsoren für den kostspieligen Bundesliga-Betrieb ist begrenzt. Das führt immer mal wieder dazu, dass in solchen Vereinen gern finanzstarke Heilsbringer das Ruder und die Macht übernehmen und mit großen Versprechungen noch größere Erwartungen wecken. Wenn man bedenkt, dass Bielefeld als Standort gemessen an den Einwohnern etwa dreimal so groß und potent wie Kaiserslautern ist, kann man sich in etwa vorstellen, was den FCK nach diesem Abstieg erwartet.
Die DFL hat den Lauterern die Lizenz für den Spielbetrieb in der Dritten Liga nur mit Auflagen und Bedingungen gewährt. Laut Sportvorstand Bader Martin Bader, sei das angesichts der Schulden zwar nicht leicht, aber doch zu stemmen. Man werde den Etat von momentan 10 Millionen Euro halbieren müssen. Hinzu kommt neben dem Wegfall von Fernsehgeldern noch ein Problem mit der Pacht des Stadions, die momentan jährlich allein bei 2,5 Millionen Euro liegt. Die finanziell ebenfalls nicht auf Rosen gebettete Stadt Kaiserslautern hat schon signalisiert, diese in der Dritten Liga auf 425.000 Euro zu reduzieren. Wie das bei der Stadt gegenfinanziert werden soll, da ja die Pachteinnahmen eigentlich auf dieTilgung von Krediten berechnet wurden, ist noch unklar. Ein Versuch, bei der Landesregierung dafür um eine finanzielle Beteiligung zu bitten, ist bereits gescheitert.
Nun steht dort der Betzenberg wie eine Festung, die mehr als der Hälfte der Einwohner Kaiserslauterns Platz bietet, für den gepflegten Drittliga-Fußball. Die bekanntermaßen sehr, sehr treuen Fans werden auf jeden Fall dabei sein. In dieser Zweitliga-Saison lag der Schnitt bei etwa 22.000 Zuschauern. In der Dritten Liga dürfte die Zahl weit darunter liegen und "der Betze brennt" kaum noch einem Reporter über die Lippen kommen. Fraglich ist nun auch, welche von den jetzt aktiven Spielern dort in der Dritten zu sehen sein werden. Die Halbierung des Etats wird ohne gehörige Gehaltseinbußen bei den Spielern kaum zu erreichen sein. Immerhin hat der Trainer Michael Frontzeck bereits angekündigt, gerne bleiben zu wollen.
Doch so ausweglos die Situation im Moment für die Fans auch erscheinen mag, die Verwalter des Ruins haben die Patentlösung für alle Probleme bereits parat: das so genannte "Lautrer Modell". Dieser etwas sperrige Name bedeutet übersetzt: wir brauchen die sofortige Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung, sonst geht hier alles zum Teufel. Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 3. Juni sollen die Vereinsmitglieder einer Ausgliederung zustimmen und mit den Vereinsoberen "zusammen Zukunft schaffen". Die Begründung klingt einleuchtend: "Durch die Ausgliederung auf eine Kapitalgesellschaft ist es dem FCK möglich, strategischen Partnern nach eingehender Prüfung Anteile an der neu gegründeten GmbH [&] Co. KGaA zu gewähren. Im Gegenzug erhält der FCK dafür Eigenkapital in beträchtlicher Höhe, das nicht zurückgezahlt werden muss und das strategisch und nachhaltig in die Zukunft des Vereins investiert werden kann."
Yep! Auf die "nach eingehender Prüfung ausgewählten strategischen Partner", die dem FCK "Eigenkapital in beträchtlicher Höhe" zuschustern werden, sind alle schon sehr gespannt. Ebenso gespannt darf man darauf sein, ob auf dieser Versammlung tatsächlich die erforderlichen 75 % der Mitglieder dem Lockruf des Geldes folgen werden. Was macht denn die Initiatoren so zuversichtlich, dass ein Eigenkapital in beträchtlicher Höhe nicht wieder zum Fenster herausgeworfen wird, wie all die Jahre zuvor? Sollen sie doch mal bei Arminia Bielefeld nachfragen. Die haben das alles schon länsgt hinter sich. Hat alles nichts genützt. Die haben 2010 sogar ihr Stadion ausgegliedert, was der FCK noch nicht mal kann, da der Betze schon vor Jahren verjubelt wurde.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es viele FCK-Mitglieder vorziehen werden, mit ihrem Verein lieber noch ein paar weitere Jahre zur Purifikation und Selbstfindung als arme Teufel in der Hölle der Dritten Liga zu verbringen, als ihre Fan-Seele an den Meistbietenden zu verkaufen.