Bayrische Bettgeschichten

Bettenwechsel beim FC Bayern: Ancelotti raus aus den Federn, Heynckes rein und Nagelsmann hat schon mal für nächstes Jahr gebucht.

Wer mit wem ins Bett geht und auch, wer nun nicht mehr mit wem ins Bett geht, das ist seit Jahrzehnten der Lesestoff, in dem das Leben der Prominenten lesenswert erscheint. Uli Hoeneß hat diese Binsenweisheit profitgeiler Yellow-Press-Manager nun unfreiwillig auf die Welt des Fußballs übertragen: „Ich habe in meinem Leben einen Spruch kennengelernt: Der Feind in deinem Bett ist der gefährlichste. Deswegen mussten wir handeln.“ Ciao, das war's, Mister Ancelotti. Dabei hatte diese Liaison doch so vielversprechend begonnen. Die Ran-Fußball-Redaktion brachte damals im Internet die Schlagzeile: Carlo Ancelotti beim FC Bayern: Diese Stars könnten nach München kommen: Kroos, Ronaldo, Verratti - und was kam stattdessen? Sein Sohn Davide, sein kettenrauchender Kumpel Giovanni Mauri, laut Ancelotti "der beste Firness-Trainer der Welt" sowie dessen Sohn Francesco.

Rummenigge und Hoeneß hätten es wissen müssen: selbst bei der glorreichsten Liebesheirat, sitzt immer auch die bucklige Verwandtschaft irgendwo ganz vorn mit am Tisch. Besonders schwierig wird es zudem dann, wenn die verwöhnte Spielerschar, die sich zuvor noch im kongenialen Glanze von Pep Guardiola sonnen durfte, mit dem neuen Stief-Trainer nicht allzu viel anfangen kann. Nicht, dass sie die von Guardiola im holprigen Dreisprachen-Mix vorgetragenen, akademisch fundierten Anweisungen jemals verstanden hätten. Allein die Pep-Aura trieb sie an, und das Gefühl, dieses Genie auf keinen Fall enttäuschen zu dürfen. Ancelotti redete danach genau so wirres Zeug, mit dem Unterschied, dass er das Trainieren an sich für komplett nebensächlich hielt. Während die hochbezahlten Stars gelangweilt und unterfordert über den Platz trabten, standen Ancelotti und Mauri samt Verwandtschaft in der Raucherecke daneben.

Das Rauchen im Bett soll ja schon viele Ehen zerstört haben, zudem ist es gefährlich. Hoeneß hat die Gefahr zwar spät erkannt, aber dann schließlich den Feind doch noch entschlossen über die Bettkante geschubst. Man weiß ja nicht, wer bei denen sonst noch so alles im Bett liegen darf, aber Karl-Heinz Rummenigge war beim dem Schubser auf jeden Fall dabei. Aber wenn man der Bild-Zeitung glauben darf, ging die Initiative dazu entscheidend von den Big-Five im Spielerkader der Bayern aus: Hummels, Boateng, Müller, Ribery und Robben. Hummels dementierte gleich: Er sei kein Königsmörder! Dabei war ja von Mord niemals die Rede. Ancelotti ist auch nach der Entlassung noch putzmunter und bewies dabei zudem als einziger Darsteller dieser Liebeskomödie so etwas wie Grandezza und Stil, während Hoeneß mit teilweise absurden Beschuldigungen an die Adresse Ancelottis versuchte, diese Personalie nachtretend zu rechtfertigen.

Und nun, das Bett ist noch nicht so richtig kalt, schlüpft ein alter Bekannter unter die Decke: Jupp Heynckes, einer der erfolgreichsten Bayern-Trainer aller Zeiten! Der ist zwar schon Anfang 70, aber offenbar immer noch voller Tatendrang. Das verspricht Spannung, denn die Headline "Sex mit dem Ex" ist seit Jahrzehnten einer der Umsatzbringer in den Boulevard-Bettgeschichten. 2013 hatte Heynckes seine Karriere als Trainer in München beendet, als Triple-Sieger mit einem flotten Dreier aus Meisterschaft, Champions League- und DFB-Pokal-Sieg. "Don Jupp" hatte damals bereits allen gezeigt, dass man auch ohne Laptop, italienische Maßanzüge, Sabbatical und Social-Media-Hype erfolgreich sein kann. Er zog mit den Bayern drei Mal ins Finale der Champions League ein, was seinem Nachfolger Guardiola mit den Bayern nicht ein Mal gelang. Alte Schule eben: "Ned schwätze - schaffe!", wie es im Schwabenland heißt.

Das Problem für Heynckes wird nun sein, dass das Bayern-Bett längst nicht mehr so kuschelig ist wie damals. Der heuer "anhaltende Misserfolg der Bayern", eine Bewertung, die bei allen anderen Bundesliga-Clubs nach nur sechs Spieltagen für Kopf-Schütteln sorgte, und die höchst fragwürdige Trainer-Entlassung haben das Image-Laken ein wenig befleckt. Zudem werden einige ältere Probleme seit Guardiolas Weggang unter der Decke verborgen. Und die haben im Wortsinn tatsächlich mit dem Älterem zu tun. Hoeneß hat bei seinem zwischenzeitlichen Knast-Aufenthalt zwar nicht sein Selbstbewusstsein aber seinen Nimbus der Omnipotenz eingebüßt. Das ist so, als ob ein ehemals und langjährig rudelführender Hirsch nach längerer Abwesenheit auf den Brunftplatz zurückkehrt und es gegen den etwas jüngeren, neuen Platzhirschen noch einmal wissen will. Der wehrt sich aber noch. Einige potentere Jungbullen, wie etwa Sammer und Lahm haben in dem Getümmel längst das Weite gesucht und das anhaltende Brunftröhren verunsichert ständig das ganze Rudel.

Heynckes, der alte Sechzehnender, soll nun währenddessen wieder für etwas Ordnung auf dem Platz sorgen. Oder, um zu den Bettgeschichten zurückzukehren, die seit längerem unkontrolliert tobende Kissenschlacht unter den Spielern beenden. Die älteren der Rabauken kennt er ja noch gut genug. Noch so ein Generationenkonflikt. Heynckes wäre im Interesse des FC Bayern jedoch gut beraten, diese zur Strafe in die Ecke zu stellen und mehr auf die jüngeren zu setzen, Erfolg hin oder her. Sein Nachfolger Julian Nagelsmann wird es ihm danken. Dass der junge Kerl aus Hoffenheim der zukünftige Bayern-Trainer sein wird, ist eigentlich schon seit vielen Monaten klar. Er hätte Ancelotti im nächsten Jahr auf jeden Fall beerbt. Dass der in der laufenden Saison bereits so früh gehen musste, ist eher so eine Art Betriebsunfall, den Jupp Heynckes nun interimsmäßig richten soll. Wenn man das Transfergeschehen während und nach der letzten Saison verfolgte, hatte man den Eindruck, dass Nagelsmann bereits damals die Transferpolitik der Bayern mitdiktierte.

Plötzlich macht etwa vor diesem Hintergrund die überraschende Verpflichtung von Sebastian Rudy und Niklas Süle viel mehr Sinn. Ebenso das absegnende Statement Hopps zu den Bayern-Träumen seines Jungspundes auf der Trainer-Bank und vor allem die sofortige Ausleihe des frischgebackenen Bayern-Spielers Serge Gnabry an die TSG Hoffenheim. Letzteres hatte für einige Verwunderung gesorgt, da Gnabry doch problemlos bei anderen europäischen Spitzenvereinen untergekommen wäre anstatt über die Bayern-Ausleihe nur bei Hoffenheim zu landen. Vermutlich hat man ihm erklärt, er wechsle nicht nach Hoffenheim sondern zu seinem zukünftigen Bayern-Trainer. Und das der "in einer roten Jacke" zusammen mit Uli Hoeneß mal so ganz zufällig in München ein Fußballspiel der FC-Bayern-Damen anschaut und so ganz nebenher in einem Interview erzählt, er baue gerade in München ein Eigenheim? Kann man ja mal so machen. Ist klar!

Ebenso klar ist, dass dies auf Hoeneß' bereits länger geplante Initiative zurückzuführen ist, da er dem von Rummenigge verpflichteten Ancelotti keine einzige Träne nachweint. "Carlo ist mein Freund und wird es immer bleiben," sagte Rummenigge nach Ancelottis Entlassung. Womit ja klar wäre, wer im Bayern-Bett ganz allein darüber bestimmt, wer auf welcher Seite liegt und wann das Licht ausgemacht wird.