Böse Buben

Betrug, Körperverletzung und Schlimmeres - im Fußball tummeln sich auch zwielichtige Gestalten. Eine kleine Kriminalitätsgeschichte des Fußballs...

Uli Hoeneß ist zurück auf seinem Thron. Als Vereinspräsident des FC Bayern und bald auch als Chef des Aufsichtsrats. Und das als Ex-Knacki. "Mindestens" 28,5 Millionen Euro Steuern hatte er hinterzogen, so ganz genau wollten es die Ermittlungsbehörden damals gar nicht wissen. Das brachte Hoeneß 2014 dreieinhalb Jahre Knast ohne Bewährung ein. Seine vorzeitige Entlassung wegen guter Führung und positiver Sozialprognose verwunderte kaum jemand. Eher schon sein schnelles Comeback beim FC Bayern. "Kriminelle haben im Fußball nichts zu suchen!" wetterte der Chef der Abteilung Attacke einst, als Christoph Daum über seine Koks-Affäre stolperte. Heute sind diese moralische Entrüstung und auch Hoeneß' Straftat kein Thema mehr. Auch nicht für die maßgeblichen Aktionäre der FC Bayern AG, die Konzerne Audi, Adidas und die Allianz SE. In ihren eigenen Vorstandsetagen wäre so einer wie Uli Hoeneß aus Compliance-Gründen auf ewig eine absolute Persona non grata, doch bei der Fußball AG nehmen sie es dann doch nicht so genau.

Vergeben, vergessen, verzeihen! Darin haben sie Übung, bei den Bayern. Schließlich ist Hoeness' alter Weggefährte, der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge seit 2013 auch schon vorbestraft. Er hatte versucht zwei Rolex-Uhren im Wert von 100.000 ins Land zu schmuggeln, wurde erwischt und musste dafür 249.900 Euro berappen. In der Welt der Reichen und Erfolgreichen ist die Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit ganz offensichtlich eine Lappalie. Harmlos. Wie beim Barca-Star Lionel Messi und seinem Vater, die über Scheinfirmen in Belize und Uruguay den spanischen Fiskus um 4,16 Millionen Euro betrogen haben. Die Revision läuft gerade, doch die fällige Haftstrafe von jeweils 21 Monaten müssen die beiden voraussichtlich sowieso gar nicht antreten. In Spanien wird das mit dem Knast erst ab 24 Monaten interessant. Und die Geldstrafe von 3,7 Millionen Euro hat Messi in nur knapp fünf Wochen Fußballarbeit schon wieder verdient. Sorry, weiter geht's.

Es gibt auch so richtig böse Fußball-Buben. Der Premier League-Profi Joey Barton etwa wurde in seiner Karriere bei Man City und Newcastle United gleich mehrfach suspendiert und füllte nebenher sein beeindruckendes Vorstrafenregister auf. Barton neigt etwas zur Gewalt. Auf einer Vereins-Weihnachtsfeier drückte er mal einem Jugendspieler seine Zigarre ins Auge. Brennend, wohlgemerkt. Dazu zieren sein Kerbholz zahlreiche Schlägereien mit gegnerischen Fans, vor allem aus Everton, mit harmlosen Passanten auf der Straße und auch mit einigen seiner Mitspieler. Bei Barton war jedes Anti-Aggressions-Training vergebens. Seine letzte Profi-Station hieß Glasgow Rangers, bei denen Rauhbeine immer schon wohl gelitten waren. Vor gut vier Wochen wurde er aber auch dort hinausgeworfen. Seine Vergehen: illegale Spielwetten en Gros und, wen wundert's, eine tätliche Auseinandersetzung auf dem Trainingsplatz. Wo der 34-jährige böse Bube sich zukünftig so durchs Leben schlägt, ist nicht bekannt.

Es geht aber auch noch schlimmer. Manche machen auch vor Mord und Totschlag nicht halt. Bruno, der hochtalentierte brasilianische Torhüter von Flamengo Rio war 2010 gerade auf dem Sprung in die Nationalelf als er sich wegen Unterhaltsstreitigkeiten seiner Ex-Freundin mutmaßlich durch einen Mordauftrag entledigte. Ihre Leiche wurde nie gefunden, ebenso wenig der angebliche Auftragsmörder, ein ehemaliger Polizist. Der soll die junge Frau erdrosselt, zerstückelt und sie seinen Hunden zum Fraß vorgeworfen haben. Bruno bestritt den Ablauf nicht, aber bis zuletzt, den Auftrag dafür gegeben zu haben. 2013 wurde er trotzdem wegen erwiesener Schuld zu 22 Jahren Gefängnis verurteilt. Da gruselt's einen. Doch solche Kapitalverbrechen sind im Fußball eher die Ausnahme.

Sehr viel häufiger geraten aktive Fußballer auf die schiefe Bahn, weil sie nicht mit ihrem vielen Geld umgehen können. Das erledigen dann andere für sie. Die wollen nur ihr Bestes, klar ihr Geld. Unvergessen sind beispielhaft die Eskapaden des Maurizio Gaudino in den neunziger Jahren. Der gelernte KfZ-Schlosser aus Mannheim hatte damals als Fußball-Profi ein großes Faible für stark motorisierte Autos. Hinzu kamen viele falsche Freunde aus dem halbseidenen Millieu. Geld hatte er genug und von Autos vor allem von Porsche, Mercedes und Ferrari konnte er nicht genug kriegen. Dummerweise kamen ihm diese unter merkwürdigen Umständen ab und zu mal durch Diebstahl abhanden und verschwanden auf Nimmerwiedersehen. Die Versicherungen, die diesen Schaden zu ersetzen hatten, schöpften irgendwann Verdacht und die Staatsgewalt ermittelte in der Folge fleißig.

1994, Gaudino war gerade bei Eintracht Frankfurt unter dem Trainer Heynkes in Ungnade gefallen, erfolgte dann der Zugriff. Und zwar als der Fußballer gerade die Münchner Film-Studios verließ, in denen er bei Gottschalks Latenight-Show zusammen mit Kati Witt live zu Gast war. Eine ebenso glamouröse wie skandalöse Verhaftung in "einer Nacht-und-Nebel-Aktion", befand die Boulevard-Presse hinterher. Der vermutete, bandenmäßige Versicherungsbetrug konnte ihm dann doch nicht nachgewiesen werden. "Mauri" gab die angeblich unwissentliche Beihilfe zur Auto-Schieberei in drei Fällen zu und kam glimpflich davon. Das scheint ihm eine gute Lehre gewesen zu sein, denn danach hat Gaudino sich nichts Nennenswertes mehr zu schulden kommen lassen. Von Klaus Schlappner, seinem ersten Trainer als Profi bei Waldhof Mannheim stammt das Zitat: "Der Gaudino braucht täglich einen Tritt in den Arsch!". Das trifft vermutlich auch heute noch auf viele Jungprofis zu, wie manche Eskapaden in jüngerer Zeit, etwa von Bendtner, Arnautovic, Balotelli oder Kruse belegen.

Geld verdirbt eben schnell den Charakter. Vor diesem Phänomen sind selbst Lichtgestalten wie Franz Beckenbauer nicht gefeit. Nach den jüngsten, sehr schwerwiegenden Korruptionsvorwürfen, bei denen es um viele Millionen Euro im Rahmen der WM-Vergaben bei der Fifa geht, ist es doch sehr still um den Kaiser geworden. Das exterritoriale Konstrukt der Fußballverbände mit ihrer de facto eigenen Gerichtsbarkeit erschwert die strafrechtliche Verfolgung derartiger, globaler Korruptionsvergehen. Es handelt sich trotzdem dabei zumindest um eine moralisch höchst verwerfliche Käuflichkeit in Fußballdingen. Die Steuern für ein zuvor angeblich niemals bekommenes 5,5 Millionen-Honorar ganze vier Jahre zu spät zu zahlen, das kommt einem angesichts der noch im Raum stehenden Vorwürfe eher harmlos vor. Die zerstörte Reputation wiegt schwerer. Doch es gibt ja nichts, was sich nicht wieder einrenken ließe, sobald genügend Gras über eine Sache gewachsen ist. Und weil das Gras in der Säbener Straße in München bekanntlich enorm schnell wächst, wird auch der Kaiser Franz schon sehr bald seinen Platz in der Resozialisierungsabteilung des FC Bayern finden. Denn dort gilt seit langer Zeit: "Gute Freunde kann niemand trennen...": Horche und siehe hier: http://bit.ly/SzgbVt