Das Bulletin. Der Rückruf.

Das extrem schadstoffarme Bulletin überlegt sich an diesem neunten Spieltag, ob man den Bundesligaspieltag nicht zurückrufen sollte. Jetzt auf dem Fachportal für dilettantische Betrügereien und anderes Stückwerk.

Früher hätte man vielleicht vermutet, eine Rückrufwelle, sowas kann nur aus Amerika kommen. Deutsche Produkte halten sowieso – und die Mikrowelle, die zurückgerufen werden musste, weil man in der Gebrauchsanweisung vergessen hatte zu erwähnen, dass sie ungeeignet sei, den weißen Pudel damit zu föhnen, diese Mikrowelle und der dazugehörige Rückruf stammen aus den Staaten.

Oh Zeiten, oh Sitten! Inzwischen ist eine Rückrufwelle über Deutschland hereingebrochen. Mal sind Nahrungsmittel versucht, mal verseuchen die Autos mehr, als sie angeben. So wird der Rückruf zur Seuche. Die Bremer haben kürzlich auch zurückgerufen. Eine Pizza. Aber viel gebracht hat sie nicht. Die Herthaner würden gerne zurückrufen. Können aber nicht. Weil die Stuttgarter, diejenigen wären, die den Ibisevic-Transfer zurückrufen könnte. Beim VfB ist mal allerdings froh, dass man den Spieler los ist, dem gerne mal die Sicherungen durchbrennen.

Die Rückrufwelle macht trotzdem vor gar nichts halt. In diesen Tagen wird das Sommermärchen zurückgerufen. Warum? Weil die Vergabe offenbar zu märchenhaft war. Hatte jemand ernsthaft an das Märchen geglaubt, dass ausgerechnet das zahlungskräftige Deutschland ein Turnier ohne Bestechung erhalten hatte? Natürlich nie ernsthaft. Und vermutlich wird es auch niemals bewiesen. Der Rückruf der Bestechungsaktion läuft gerade hinter den Kulissen und so werden wir nie wirklich erfahren wer wem und wie viel. Typisch deutsch: Auch im Rückruf gründlich.

Der DfB würde jetzt gerne den gesamten Bundesligasonntag zurückrufen. Geht aber nicht. Tatsachenentscheidung. Dabei hatten das Handtor von Andreasen alle gesehen. Nur nicht die Vier mit DFB-Uniformen. Da können die Ahnungslosen Funkgeräte dabei haben wie sie wollen: Wenn keiner was sieht, nützt auch kein Funkverkehr.

In Stuttgart war die Sachlage noch etwas verworrener. Hier pfiff ein Herr Namens Winkmann. In sich schon ein Widerspruch. Der Winkmann ist in Stuttgart als Verpfeifer bekannt. Vor drei Jahren in Mainz verpfiff er die Brustberingten schon mal ins Bodenlose. Wunderte sich also niemand, dass Ingolstadt schon nach wenigen Minuten einen Elfer zugesprochen bekam. Letztlich verschossen jedoch die Aufsteiger. Der Schiri verhängte unzählige gelbe Karten gegen Stuttgart, was das Publikum spätestens auf die Barrikaden brachte, als noch eine rote für den eifrigen Serey Die dazu kam. Letztlich hatten die Schwaben allerdings den Sieg dem zu verdanken, den sie mit vollem Lungendruck auspfiffen. Winkmann hatte ein klares Abseitstor – gleich drei Mann mittendrin im Abseits – volle Kanne übersehen. Weiner und Winkmann, Schiedrichter sollen weder weinen noch winken – und besser nicht mit W anfangen

Doch gegen Schiedsrichter will ich nichts mehr sagen. Schließlich gibt es jetzt die Brigade Hartmut Strampe. Die Ultras, die den Schiri anfeuern machen gerade die Runde in den sozialen Portalen und der Presse. Und womit? Mit Recht. „Schiri, wir wissen wo Dein Auto stand. Ist aufgetankt. Ist aufgetankt.“ Dieser Sprechchor allein hat das Zeug zum Literaturnobelpreis. Darum werbe ich dafür: Bitte über die Brigade Hartmut Strampe informieren. Es lohnt sich. Wer aus Berlin ist: Bitte beitreten. Dieser Truppe gilt meine ausdrückliche Empfehlung. Garantiert ohne Rückruf.

Und auch hier ist ein Rückruf zwecklos. Unser prophetischer Tabellenführer Max Christian Graeff ist unaufhaltsam an der Spitze, jetzt sogar mit Abstand. Er wohnt in der Schweiz, und vermutlich würde er gerne das Wahlergebnis der Schweizer vom Wochenende zurückrufen, aber an seiner Position in der Prophetenliga gibt es wirklich nichts auszusetzen. Ich hab mir seinen Tipp einmal angeschaut. Das ist schon wirklich sensationell, was der Luzerner-Wuppertaler-Bremer Literatur-Sprach-und-Sanges-Künstler vor dem ersten Spieltag eingeloggt hatte. Augsburg Tabellenletzter. Bingo. Hoffenheim unten drin. Bingo. Stuttgart auch. Bingo. Darmstadt und Ingoldstadt im Mittelfeld. Bingobingo. Sein Abstand ist verdient. Immer wieder Montags verneige ich mich. Diesmal mit besonderer Tiefe vor dem Propheten Graeff.

Hinter dem Treppechen mit Daniel Röns und Andreas Braun folgt plötzlich Wolfgang „Kupfi“ Rath, dessen Erfolgsgeheimnis ich an dieser Stelle verraten kann. Er führt meine Mittagskneipe, kocht oder lässt wunderbar kochen und manchmal, wenn ich Glück habe, gibt es auch das Nationalgericht Linsen mit Spätzle und Saiten. In den letzten beiden Jahren hatte er sich von einer nicht genannten Thekenkraft dazu überreden lassen, die Linsen mit Kartoffelstückchen zu ergänzen. Da mögen die Meinungen auseinandergehen, aber nach angestrengter schwäbischer Grundsatzdiskussion steht doch allgemein fest: In die Linsen gehören keine Kartoffeln. In den Gaisburger Marsch schon, aber sicherlich nicht in die Linsen. Heute, endlich, nach zwei Jahren harter Überzeugungsarbeit eines einzelnen Stammgastes servierte er die Linsen wieder ohne dieses Allerweltsgemüse. Und prompt: Plus 11 Plätze, neuer Vierter. Jetzt sag noch einer, das Leben sei nicht gerecht.

Auch den Senkrechtstarter des Spieltages möchte ich noch kurz loben: Prophet Maul in den Stuttgarter Kreisklassen als begnadeter Altinternationaler bekannt, hat an diesem Tag einen ordentlichen Lauf erwischt. Der umtriebige Event-Experte klettert um satte 62 Plätze und mischt sich jetzt unter die namhaften Propheten des ersten Tableaus. Trotz allem darf man feststellen: Selten waren die Prophetenpunktzahlen so tief wie in dieser Saison. Trotz hoher Teilnehmerzahl kommt man mit knapp über 80 Punkt bereits auf die erste Seite des Tableaus. Mensch, das geht doch gar nicht. Drum, liebe Prophetinnen, liebe Propehten: Das muss besser werden. Aber bitte schleunigst. Sonst komme ich als gewohnt neutraler Kommentator noch auf dumme Gedanken. Zum Beispiel einen Rückruf.

Apropos Rückruf. Könnte jemand diese Sanitäter zurückrufen?