Dortmunder Philosophen.

Klopp ratlos. Beckenbauer sprachlos. Fußballgott nicht zu sprechen. Alle suchen nach Ursachen. Gut, dass ich persönlich vor Ort war. Abteilung erbarmungslose Fundamentalrecherche. Erkenntnisse aus dem trüben Dortmund im prophetischen Bulletin des 13. Spieltages.

Das Konzept des Bulletins stand bereits. In elegischer Art und Weise wollte ich mich darüber auslassen, dass in dieser Saison mindestens zwei Mittelfeldmannschaften absteigen. Das letzte Spiel des Sonntags hat mir einen Strich durchs bereits durchdrungene Bulletin gemacht. Inzwischen darf man die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass ein einstiger Championsleagueanwärter absteigen könnte. Deutlich hinter Paderborn, wie man ohne jede Häme formulieren kann.

Am Montagmorgen war ich in Dortmund zu Gast, in Herdecke, um es zu präzisieren. Aber das gehört ja fast zu Dortmund, spätestens seit Jürgen Klopp dort ein Haus bezogen hat. Natürlich sprach ich das Thema BVB an, schließlich wollte ich die Chance nicht vertun, mich bei orts- und sachkundigen Propheten schlau zu machen. Mir war wohl bewusst, dass man an dieser Stelle mit großem Fingerspitzengefühl zu Werke gehen muss. Wer hier mit dem königsblauen Dampfhammer recherchiert, wird sich schnell an der gelben Wand die Zähne ausschlagen. Doch ich hatte einen kleinen Vorteil. Als Tabellennachbar in der unteren Region verfügt man über die nötige Augenhöhe. So wurde die Analyse, die ich gemeinsam mit Prophet Scheffler in Angriff nahm zu einer Expertenrunde mit gleichen Ausgangspositionen.

Ich erfuhr Bemerkenswertes: Tatsächlich kann man sich auch in Dortmund nicht erklären, was im Moment vorgeht. Prophet Scheffler nicht. Jürgen Klopp nicht. Nicht einmal der Papst kann die Krise deuten. Im Stuttgarter Krisenfall hat man den richtigen Hebel gefunden. Armin Veh trat aus Aberglauben zurück, wie eine führende deutsche Boulevardverarsche glauben machen wollte. Nach dieser Lesart opferte er sich und seinen Job, um die Fußballgötter milde zu stimmen. Das Spiel in Freiburg lieferte den Beweis. Der VfB duselte sich zu einem 4:1. Bild hat eben doch recht. Und die VfB-Anhänger trauten sich kaum zu jubeln, zu peinlich erschien Ihnen ihre 90-minütige Glückssträhne. Ein ähnlicher Voodoo-Zauber ist in Dortmund auszuschließen. Niemand wird Klopp opfern wollen. Allenfalls die Schalker würden aufatmen, weil sie sich nie wieder heimlich fragen müssten, warum sie insgeheim den Trainer des Erzrivalen sympathisch finden.

Zu Recht wies Prophet Scheffler auf die fehlende Konstanz in der Aufstellung hin. Tatsächlich mag da etwas dran sein. In den Meisterspielzeiten stellte Klopp die Abwehrreihe Piszczeck – Subotic – Hummels – Schmelle gefühlte 68 Bundesligabegegnungen in Folge, ohne sie einmal zu verändern. In der aktuellen Saison verhält sich das anders. Doch reicht der Füllstand des Lazaretts als Erklärung aus? Vermutlich nicht. Meine These: Nicht Klopp fragen, nicht den Papst. Nein, Erleuchtung bietet nur der Dortmunder Großphilosoph Jürgen „Kobra“ Wegmann: „Erst haste kein Glück und dann kommt auch noch Pech dazu.“ Danke Kobra, das ist der erste sinnvolle Gedanke zu dieser Tabellensituation. „Das ist Fußball“, will ich hinzufügen, und damit deutlich machen, dass die Dortmunder Misere nur mit den ballesterischen Allgemeinplätzen zu erklären ist, die alles deuten könnten. Und nichts.

Wenn man vom gelb-schwarzen Dilemma absieht, bleibt die Vorhersage haltbar, dass in dieser Saison zwei bis drei Mannschaften aus dem Bundesligamittelfeld absteigen werden. Die Abstiegszone gibt es einfach nicht in dieser Spielzeit. Dort, wo sie in der Tabelle normalerweise zu finden ist, rangieren Mannschaften aus dem Mittelfeld. Von Platz 18 (Dortmund 11 Punkte) bis Platz 9 (Mainz 16 Punkte) liegt nur eine minimalie Differenz. Keine Abstiegszone, nirgens. Paderborn oder Augsburg hätte man dort vermutet. Möglicherweise noch Köln oder Freiburg. Aber von denen rangiert nur Freiburg bodennah. Augsburg steuert mal wieder den Championsleagueplätzen entgegen. Es ist ein Phänomen. Die vermeintlich Mittelmäßigen, dazu würde ich auch Mainz 05 rechnen, machen aus ihrem verhältnismäßig schmalen Etat viel. Die Traditionsklubs mit den ordentlichen Etats machen auch etwas draus. Aber weniger. Im wahrsten Sinne des Wortes: Sie verbrennen ihre paar Hundertausende. Kaufen Murks. Wechseln Trainer. Zahlen Abfindungen. Kaufen noch mehr Murks. Und erreichen nichts.

Wo diese Vereine sparen, habe ich übrigens auch rausgefunden: bei der Kleidung. Während mit Dutt und Veh noch Vertreter der stets bemühten Eleganz-Franktion an der Seitenlinie standen, sind nun mit Viktory Skripniky und dem Knorrer aus Kerkrade zwei Anführer der mannschaftsorientierten Teamkleidung eingestellt worden. Eleganz kann man sich nur bei Bayern leisten. Obwohl auch Guardiolas karierte Sommerhemden teilweise grenzwertig waren. Im Abstiegskampf zählt zusammenhalten. Teamkleidung statt modische Ausreißer. Oder wie es Stevens befohlen hat: Man trainiert wie man spielt, also sind Schienbeinschoner Pflicht.

Für die prophetische Tabelle scheint diese Konstellation durchaus reizvoll. Enge Punktabstände in der Bundesligatabelle sorgen dafür, dass große Sprünge in der Prophetentabelle möglich sind. Darum erwarte ich in dieser Saison noch einige Turbulenzen in unserer Propheterei. Nimmt mal man die feststehende Meisterschaft von Bayern aus, (kann man rechnerisch schon in der Vorrunde Meister werden?), ist in dieser Saison nichts, wirklich gar nichts sicher. Sogar ein absoluter Abstiegkandidat wie Borussia Dortmund könnte nach in die Championsleague rutschen. Was wäre das für eine Überraschung! Und prompt passiert auch in der prophetischen Tabelle Erstaunliches. Wir haben einen neuen Tabellenführer! Prophet Marvin Burmester, der Vize-Prophet der ersten prophetischen Saison hat lockere sieben Richtige. Das wirkt sich nicht nur am Fähnchen aus, sondern auch in der Punktzahl. 112 Punkte - das ist eine Ansage. Dagegen hat sich der vorige Tabellenführer doch recht plötzlich vom Platz an der Sonne verabschiedet. Prophet Wolfgang Ehret begnügt sich vorläufig mit Platz 7. Die vielen Vorzeichen der Bundesligatabellen haben natürlich auch die prophetische Reihung durcheinander gewirbelt. In der Bundesligatabelle bleiben nur 3 Vereine (Bayern, Wolfsburg, Hertha) an ihrem Platz. Alles andere schillert kunterbunt. Die Folge: Die Prophetentabelle ist das Gegenteil eines katholischen Mädchenpensionates. Drunter und Drüber geht's. Unanständige Vorzeichen schmücken die Tabellenplätze: Plus 30 bei Timo Vetter. Plus 37 bei Benedikt Ungerer. Plus 37 bei Matthias Ahrens. Plus 37 bei Cyrus Kathmann. Plus 32 beim letztjährigen Sieger Matthias Wimpff. Plus 36 bei Albert Wilkens. Plus 36 bei Mario Bätzler. Die Liste, der Propheten, die aus dem sanften Vorrundenschlaf geweckt wurden, ist doch erstaunlich lang. Falls einer der Herren den Wecker mal kurz ausleihen könnte. Ein gewisser Herr Klopp in Herdecke würde sich sicherlich freuen.

Zugabe? Gerne.

Hier die schwäbische Begründung für einen dünn besiedelten Auswärtsblock. Gesehen bei der Begegnung SG Sonnenhof Großaspach bei Arminia Bielefeld.

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Paninibildchen sammeln lohnt sich und bildet. Oder wäre von den Propethen jemand drauf gekommen, dass der brasilianische Nationalspieler Mozer an der Fahndungswand des gestrigen Tatorts zu sehen war.

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Und zu guter Letzt eine völlig rationale Erklärung für die Konzentrationsschwäche des BVB. Meine Recherche zahlt sich doch aus. Mitgezeichnet wie ein Gerichtsreporter. Aubameyang-Affaire.

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