Prophezeien? Ist doch kinderleicht!

Wie kinderleicht ist es eigentlich, die Bundesliga vorherzusagen? Die beste Prognose ist in einem Magazin veröffentlicht worden, das sich die U14 richtet - und zwar so präzise und kenntnisreich formuliert, dass ich sie gerne hier abschreibe.

Kaum sind die ersten Bälle freigeben worden, sind sie bereits in die falsche Richtung gerollt. Nicht überall, aber doch in manchen Stadien der Liga. Prophetisch gesehen, war am Freitagabend die Welt noch in Ordnung. Während ein Orkan über Stadt und Land hinwegzog, blieb in München alles so, wie es die Mehrzahl unserer Experten vorhergesehen hat. Niemand hat Bayern außerhalb des Spitzenfeldes vorhergesagt, niemand hat Hamburg einen Championsleagueplatz prophezeit. Da war die Welt noch Ordnung - am Freitagabend. Aber kaum ist Samstag, 15.30 Uhr geht das schon wieder los, mit der Unberechenbarkeit des Fußballs. Wohin rollt der denn? Nun, zum Beispiel ins Mainzer Tor. Geschossen von einem Ingolstädter, der nicht nur den Namen Hinterseer trägt, sondern auch noch mit dem Ski- und Schlagerstar verwandt ist. Aber da geht kein Weg dran vorbei. Samstag war der Tag des Hinterseers. Schon aus kulturellen Gründen hätte man diesem Spieler eigentlich ein Einreiseverbot verpassen müssen. Nach dem Motto "Flüchtlinge ja bitte, aber keine Schlagerbarden und deren Sippschaft".

Auch andernorts lief es nicht so wie gewünscht, und gleich gar nicht so wie allgemein prophezeit. Von der Nordsee her verdecken bereits dunkle Wolken den Victory-Skripnik-Himmel, und in Stuttgart fragt man sich, wie überlegen man eigentlich noch spielen muss, um gegen Angstgegner Köln nach 20 Jahren mal wieder einen Heimsieg zu erringen. Da ich ja bekanntlicherweise VfB-Fan bin, nutze ich gleich die Gelegenheit, um den bekennenden Kölnern Dagmar Floßdorf, Hannes Kraus-Caesar und Manfred Wald auf diesem Wege zum Erfolg zu gratulieren. Ich bekenne aber ebenfalls, dass ich erst heute, einen Tag später, zu einer solch fairen Geste fähig bin. Gestern abend, nach dem Spiel, wollte ich das Bulletinschreiben noch verweigern. Kommt Zeit, kommt Geste.

Aber in der Bundesliga wie in der Prophetenliga gilt: Man soll den ersten Spieltag nicht überbewerten. Vielmehr ist ein Blick auf diejenigen Experten angebracht, denen man sowieso nur ungern widerspricht. Kindermund tut Wahrheit kund. Das ist zwar eine Floskel, aber eine, für die das Phrasenschwein noch nicht erfunden ist. Wer also seine Vorhersage überprüfen möchte, dem gebe ich jetzt die Gelegenheit. Die beste Saisonvorhersage im außerprophetischen Bereich statt nämlich von Bundesliga-Sonderheft der SüddeutschenZeitung U14, also einer Spezialausgabe, die sich an alle richtet, die unterhalb der C-Jugend kicken. Besser als jeden Satz im kicker Sonderheft. Besser als jede ironische Feststellung in 11Freunde, dem selbsterklärten Magazin für Fußballkultur. Wer also wirklich wissen will, wie die Liga am Ende ausgeht, der sollte entweder die Prophetentabellen klicken - oder die folgende Prognose verinnerlichen. Voilà. Mit größtem Vergnügen.

Augsburg:
Der FCA hat keinen berühmten Spieler, und war als Fünfter die Überraschung der Saison 14/15. Jetzt sind die Spieler bekannter, trotzdem werden sie in dieser Saison schlechter sein als Platz fünf. Aber nicht viel.

Hertha:
In den meisten Ländern sind Vereine aus der Hauptstadt ganz vorn. In Deutschland war das nie so und es wird auch in diesem Jahr nicht so sein. Die Hertha aus Berlin kann froh sein, wenn sie in der Bundesliga bleibt.

Bremen:
Seine besten Jahre hatte Bremen unter dem Trainer Rehhagel, dann unter einem Mann namens Schaaf. Der jetzige Trainer sieht fast genau so aus wie Schaaf. Für den Klassenerhalt reicht das locker. Für mehr nicht.

Darmstadt:
Die Darmstädter haben selber nicht damit gerechnet, dass sie noch aufsteigen. Jetzt sind sie oben, haben kaum Geld, brauchen aber gute neue Spieler. Ein Abstieg wäre so normal wieder Meistertitel der Bayern.

Dortmund:
Der BVB hat den coolen Trainer Klopp verloren und den auf andere Art auch sehr coolen Trainer Tuchel hinzugewonnen. Tuchel bringt sienen Spielern richtig neue Sachen bei. Platz 2 bis Platz 4

Frankfurt:
Wenn seine Jungs gut kicken, ist Trainer Veh der lässigste Trainer der Welt. Wenn nicht, hat er schlechte Laune und macht seinen Spielern keinen Spass. Deshalb werden seine Spieler sich anstrengen. Das reicht für einen Platz im Mittelfeld. Vielleicht.

Hamburg:
Der HSV träumt immer von früher, als er ganz toll war. Toll ist der HSV aber schon lange nicht mehr. Für ihn gilt, was für die Hertha gilt: Er muss erstmal in der Liga bleiben.Toll sein kann er später immer noch.

Hannover:
Hannover hat einen sehr, sehr guten Spieler verloren (Lars Stindl) und viele Spieler geholt, die wahrscheinlich gut, aber bestimmt nicht sehr gut sind. Könnte eng werden dieses Jahr. Abstiegskampf.

Hoffenheim:
Die Hoffenheimer sind gut, weil sie oft viele Tore schiessen. Nicht so gut sind sie, weil sie oft auch viele Tore kassieren. Das bleibt so, die können nicht anders. Platz 9 bis 11.

Ingoldstadt:
Das Team aus Bayern war noch nie in der ersten Liga. Deshalb sind in Ingolstadt jetzt alle stolz auf den Aufstieg. Die Spieler spielen mit viel Begeisterung und haben einen guten Trainer. Vielleicht bleiben sie deshalb auch drin.

Köln:
In der vergangenen Saison haben die Kölner neunmal 0:0 gespielt. Sie waren hinten super und vorne nicht so super. Jetzt haben sie für vorne gute neue Spieler geholt. Das klingt nach positiver Überraschung. Platz 8.

Leverkusen:
Von Leverkusen behauptet man, dass sie immer sehr gut sind, aber nie Erster werden. In dieser Saison werden sie wieder sehr gut sein, aber nicht Erster werden. Platz 3 bis 6.

Mainz:
Mainz ist dieses Jahr eine typische Bundesligamannschaft. Wenn's gut läuft, kann Mainz Siebter werden. Läuft's schlecht, müssen sie vielleicht sogar absteigen. Wahrscheinlich wird es irgendwas dazwischen.

Gladbach:
Die Gladbacher haben zwei wichtige Spieler verloren. Christoph Kramer und Max Kruse. Aber ihren allerwichtigsten Mann haben sie behalten: Ihren Trainer Lucien Favre. Platz 3 bis 6.

Bayern:
Bastian Schweinsteiger ist weg. Er wird den Fans beim Singen fehlen. Auf dem Platz fehlt er weniger. Bayern wäre mit ihm Meister geworden. Bayern wird auch ohne ihn Meister.

Schalke:
Schalke ist ein lustiger Klub, bei dem die Fans immer wahnsinnig begeistert sind, oder wahnsinnig sauer sind. Die Mannschaft wird bestimmt wieder Grund für beides liefern. Von Platz 3 bis 7 ist alles drin.

Stuttgart:
Der VfB ist die Wundertüte der liga. Was drin steckt, weiß keiner. Die Offensivspieler sind gut genug für Platz 5. Aber der neue Trainer mag einen riskanten Spielstil, so dass es auch Platz 15 werden kann.

Wolfsburg
In Wolfsburg spielt der beste Spieler der Liga. Kevin de Bruyne. Wer so einen Spieler hat, kann normalerweise Meister werden. Nur nicht halt in der Liga, in der der FC Bayern mitspielt.

Eigentlich ist es also kinderleicht, die Bundesliga vorherzusagen. Am ersten Spieltag hat es Prophet Daniel Röns am besten gemacht. Er belegt Platz 1 mit 95 Punkten und 4 Volltreffern. Auf Platz 2 sehen wir den Neu-Propheten Christoph Klein, der sich schon ein wenig an der Finanzkraft der Vereine orientiert hat, in dem, was er vorhergesagt hat. Schließlich ist er auch bei der VR Leasing und dort für Spezialfinanzierungen zuständig. Möglicherweise wäre er ein Mann, der bei Darmstadt 98 hilfreich. Spezialfinanzierungen scheint mir dort ein aktuelles Thema zu sein. Schließlich spendet die Prophetenliga dem Paderborner Martin Treek Trost. 0:6 gegen Sandhausen. Das ist kein Ergebnis, das man unbedingt mag, wenn man den Paderbornern den Daumen drückt. Aber was will schon ein Stuttgarter dazu sagen. Er sollte sich immer daran erinnern, dass er mal in Sandhausen im 11-Meter-Schiessen aus dem Pokal ausgeschieden ist. Wobei er insgsamt 15 Treffer kassiert hat. So gesehen: 0:6 - noch ein erträgliches Ergebnis.