Schweinchen schlau

 

 

Andreas Rettig ist Manager beim FC St. Pauli. Einige Propheten, unter anderem der gut platzierte Daniel Röns werden ihn sicherlich schätzen. „Schweinchen schlau“ hat Rudi Völler ihn am Wochenende tituliert. Und Rettig, ganz souverän, kann nichts Böses darin erkennen. Punktsieg Rettig. Aber auch Tante Käthe kann man nichts vorwerfen. Hat ja schließlich nicht „Schweinchen dick“ gesagt. Auch das hätte möglicherweise zu Rettig gepasst.

 

Während die Fußballfunktionäre in der DFL noch menschlich daherkommen, wäre der Ausdruck „Schweinchen“ angesichts der Vetternwirtschaft in anderen Sportverbänden noch milde. Hamburg hat jetzt „Nein“ gesagt – und niemand wundert sich. Außer einer kleinen Sportclique, die relativ abgehoben von einer Olympiade in Hamburg träumte. Mega-Events, die nach Größenwahn und Korruption duften, kann niemand mehr riechen.

 

Obendrein kommt die Übermacht des Fußballs. Viele Sportarten nagen daran. Alles nur Fußball in Deutschland? Tatsächlich ziehen viele Spiele der vierten Liga Fußball mehr Zuschauer als Erstligaspiele im Hockey, Wasserball oder Rugby. Andererseits: Es gibt doch so viele, die Wintersport schauen. Rodeln, Biathlon, Nordische Kombination und was alles kommt. Unser Prophet Oliver Schneider ist so einer. Nach eigenem Bekunden läuft das Winter-TV bei ihm durch. Da ist er längst nicht der Einzige. Ergo: Wenn es Biathlon kann, dann sollte es doch auch bei Turnen, Bogenschiessen oder Kanufahren möglich sein. In der Tat sind beim Wintersport die Live-Ereignisse hübsch koordiniert. Die Sportarten wollen sich nicht in die Quere kommen, und sprechen sich in den Live-Zeiten ab. Auch die Weltcup-Struktur ist ähnlich. Den olympischen Sommersportarten fehlt eine solche Koordination.

 

Dass Hamburg so eindrucksvoll „Nein“ sagte, liegt freilich nicht an diesen Kleinigkeiten, eher schon am dicken Deutschen auf dem IOC-Thron. Manchmal hat man das Gefühl, Sport-Deutschland ist es peinlich, mit Thomas Bach einen Statthalter der Katar-Kalifen und ihrer Haremswirtschaft ins oberste olympische Amt hineingeboren zu haben. In so fern nutzte Hamburg auch die Abstimmungsmöglichkeit, um die nordkoreanischen Zuständen in den internationalen Verbänden anzuprangern. Klasse. Da ist kein russisches Doping dagegen gewachsen.

 

Aber ich schweife ab. Hätte Hamburg darüber abgestimmt, ob es die Fußball-Europameisterschaft 2024 ausrichten sollte – ich prophezeie, die Abstimmung wäre anders ausgefallen. Aber was ist schon von meinen prophetischen Fähigkeiten zu halten. An diesem Spieltag finde ich ein dickes Minus vor meinem Namen. Darum hebe ich den Blick – und schaue nach vorne.