Und Zieler träumt

Moderne Trainer setzen auf mitspielende Torhüter. Aber lassen wir die Häme. Zielers Blackout muss man aus mögen. Das fußballromatische Bulletin des 6. Spieltags hat sich bereits verliebt.

"Es ist typisch, dass das Spiel wieder auf die Szene reduziert wird. Wir haben ein tolles Spiel gemacht", nölte der Tollpatsch direkt danach. Rein sportlich muss man widersprechen. Tatsächlich hatten zehn Bremer hatten ein tolles Spiel gemacht. Die Stuttgarter: wie üblich. Dagegen trifft der erste Teil der Torhüteranalyse voll ins Schwarze: An dieses Eigentor erinnern wir uns länger als an das Spiel selbst. Den nölenden Unterton hätte sich Zieler allerdings sparen können.

So ist Fußball

Was meckern wir über den modernen Fußball: Zu kompliziert die Taktik. Zu kommerziell die Veranstaltung. Zu abgehoben die Spieler. Alles immer weiter weg. Das schöne, einfache Spiel ginge angesichts der heutigen Inszenierung verloren – das wird allgemein bedauert. Augenhöhe wird vermisst.

Und dann träumt Zieler. Natürlich schreien manche, wie doof ist der denn? Natürlich geht jedem Tor ein Fehler in der Verteidigung voraus. Doch die rein sportliche Analyse interessiert nur am Rande. Leise und insgeheim müssen sogar VfB-Fans zugeben: So was ähnliches ist mir auch schon passiert.

Kennen wir doch alle: Oh, wollte ich nicht die Dateianlage anfügen, bevor ich das E-Mail verschicke? Jaaa, die Ampel ist grün, sorry, ich fahr ja schon. Wie, du bist schon da, hatten wir nicht Achte ausgemacht? Ah... geht das Spiel etwa schon weiter? Moment... äh... Mit seiner Träumerei hat Zieler dem Spiel wieder gegeben, was ihm all zu oft fehlt: Augenhöhe.

Seine Humorlosigkeit rührt wohl daher, dass er als Wiederholungstäter gelten darf. Die Suchworte Zieler Luftloch und Zieler Tore ergeben in der allwissenden Netzsuche allerpeinlichste Resultate. Vermutlich fürchtete der Tor, der seins nicht nicht gehütet hatte, um seinen Ruf. Doch die Sorge kann man ihm nehmen. Wäre er ein Großer, könnte er es wegstecken. Jean-Marie Pfaff war so einer. Auch er hatte sich eins nach dem Einwurf reingefaustet - natürlich im Spiel gegen Bremen.

So sind wir

Sind wir nicht alle ein wenig Zieler? Es ist nicht leicht, über sich selbst zu lachen. Zumal der Fußballbetrieb arg ernst geworden ist. Klar, werden große Summen bewegt. Darum: Danke, Ron-Robert. Für diesen Moment der Leichtigkeit, für die Träumerei, für die Romantik, die dem Treffer inne wohnt. Schade, dass du uns nicht verraten hast, wovon du gerade geträumt hattest. Wir hätten es gerne erfahren.

Aber wir nehmen den Treffer auch so. Schön, dass Bundesliga und Kreisklasse noch etwas gemeinsam haben. Zum kompletten Bundesligaglück fehlt jetzt nur noch, dass ein anderer als Bayern vorne steht. Ach, wär das romantisch...