Vom Kämpfen und Siegen

Wenn Stoßstürmer aus allen Rohren schießen und das Abwehrbollwerk wackelt - die martialische Kriegsmetaphorik gehört zum Fußball wie die Kimme zum Korn und ist oft zum Schießen ...

Hoffenheim besiegte am Wochenende die übermächtigen Bayern zum allerersten Mal im Feld. Wie zahlreiche Gazetten von vorderster Front berichteten, war das dem jungen Nagelsmann zu verdanken, der es mit einer taktischen Paradeleistung verstand, der mit Legionären gespickten Truppe aus München mal generalstabsmäßig so richtig den Marsch zu blasen. Wie ein altgedienter Feldherr dirigierte er seine Truppen, in der Coachingzone wie einst Napoleon auf- und abmarschierend, gegen die Übermacht aus München zum verdienten Sieg. Genau genommen war es aber nur seinem treffsichersten Schützen Kramaric zu verdanken und einem fulminanten Schuss, der knallhart unter dem Gebälk einschlug. Der zog einfach mal ab und schon schlug es ein. Zack und Bumm! Das vermeintliche Kanonenfutter schlägt aus dem Niemandsland zurück. Ein bisschen Anteil daran hatte jedoch auch der überforderte Wächter der Reserve aus der Nachhut auf der letzten Verteidigungslinie, Sven Ulreich, der den entscheidenden Moment zu spät aus der Deckung kam und das Geschoss nicht mehr parieren konnte. Seine linke, ledergepanzerte Faust traf ins Leere; mit der Rechten hätte er eher einen Treffer landen können. Hinterher war er jedoch stets auf dem Posten, der gute Ulle.

Völlig überrascht von den husarenartig hinterhältigen Attacken der Hoffenheimer brauchten die bayrischen Recken danach zu lange, um ihre Verteidigungslinien neu zu sortieren und Lewandowski, den besten Schützen ganz vorn im Angriff, über die Flanken mit einem tödlichen Pass in eine vielversprechende Schussposition zu bringen. Der trifft sonst immer ins Schwarze und will sich ja schließlich nach der Saison seine Torjägerkanone ins Trophäenregal stellen. Selbst Gerd Müller, dem Bomber der Nation, hat er in dieser Disziplin längst den Rang abgelaufen. Aber nix war's, der Schuss ging immer wieder nach hinten los, nur Rohrkrepierer. Vielleicht lag es auch an der mangelnden Kampfmoral, da ja noch zwei mutmaßlich schwer umkämpfte Partien gegen die Königlichen aus Madrid anstehen, die bekanntermaßen keine Gefangenen machen, wenn es um Ruhm und Ehre geht und schon gar nicht gegen die Bayern. Wo der Gegner nicht von sich aus die weiße Fahne hisst und kapituliert, hinterlassen die Madrilenen nur verbrannte Erde. Da rollt Angriffswelle um Angriffswelle bis zur Demoralisation. Aber, niemals aufgeben. Der Sieg entscheidet sich im Zweikampf, Mann gegen Mann. Mal sehen, ob die Bayern dann auch manns genug sind, sich diesem königlichen Sturm zu stellen.

Manche schrieben gar, der triumphale Sieg Hoffenheims sei nur gelungen, weil es Nagelsmann gelungen sei, als erster den geheimen bayrischen Taktik-Code zu entschlüsseln, den Ancelotti dank sorgsamer Verschlüsselung hinter vorgehaltener Hand zuvor die ganze Bayern-Jagdsaison über verheimlichen konnte. Vorsicht, Feind hört mit! Manche witterten gar einen Verrat und Spione hinter den feindlichen Linien. Ja, ja, der Geheimnisverrat hat schon viele Überraschungssiege ermöglicht. Na, das war's dann wohl, mit dem bombensicheren Abwehrbollwerk der Bayern. Doch die Dechiffrierungstheorie hat so ihre Schwächen. Nagelsmann hatte ja in der Woche vor dem besagten Sieg die Chuzpe, diesen Coup sogar zu verkünden und seine Siegestaktik in aller Öffentlichkeit vorher kundzutun. Hatte Ancelotti da nicht zugehört? So schnell schießen die Preußen nicht, werden sich die Bayern gedacht haben und doch traf sie dann die Breitseite mit voller Wucht. Sie liefen einfach so ins offene Messer, ganz wehrlos mit offenem Visier und leckten hinterher ihre offene Wunde: zum zweiten Mal in dieser Saison fern der Heimat schmachvoll zu verlieren. Das geht gar nicht.

Aber die Garde-Offiziere der Abteilung Attacke bei den Bayern sind ja nicht dumm. Dass da im Badischen eine schlagkräftige Truppe herangereift ist, haben sie längst gemerkt und ihre Anwerber zum diplomatischen Shanghaien nach Sinsheim entsandt. Dank ihrer prall gefüllten Kriegskasse gelang es ihnen dann schon vor Wochen die zwei zentralen Stützen für Hoffenheims Abwehr und Angriff zum Überlaufen zu überreden. Söldner kämpfen ja nicht für die Ehre, sondern für ihren Sold und tragen dafür gern auch mal andere Farben. Niklas Süle und Sebastian Rudy wechseln also schon bald mit fliegenden Fahnen die Seiten und sind in Bayern als hochdekorierte Helden ideale Nachfolger für andere hochdekorierte Helden und verdiente Schlachtrösser, die des ständigen Kampfes und der zahllos errungenen Siege als halbe Sportinvaliden überdrüssig geworden sind. Die Hoffenheimer haben letzte Woche die Bayern also eigentlich sozusagen mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Möglicherweise sind Süle und Rudy aber auch nur in geheimer Mission als trojanische Pferde so hopp, hopp, hopp unterwegs und spielen bei den Bayern demnächst wie ausgemachte Blindgänger, die ihren neuen Mitspielern mit Fehlschuss um Fehlschuss in den Rücken fallen. 'Friendly Fire' sozusagen. Desertion, wär auch ne Option. Ha, ha, schön wär's.

Eine ganz eigene Interpretation der verheerenden Bayern-Niederlage in Hoffenheim bot die altehrwürdige Sky-Marketenderin (f.k.a. Bombshell) Jessica 'Ball-an-Kopp'-Kastrop, die sich einst mal zu nah ans Getümmel wagte und einen schweren Kopftreffer hinnehmen musste. Ob's daran lag? Sie hat unter ihrem Haarspray-verstärkten, blonden Helm raketenschnell nachgedacht und für das Magazin Focus in der Niederlage der Bayern eine trickreiche Finte des Chef-Strategen Ancelotti ausgemacht. Eine strategische, absichtliche Niederlage sozusagen, die nur dazu diente, das schlummernde Bayern-Kampfbiest in den kampfmüden Helden wieder zu wecken. Schrieb sie, und dass sie vor soviel taktischer Weitsicht ihren Hut bzw. Helm ziehe. Vor dem eigentlichen Helden dieser Schmach ziehe sie ihn auch, aber nur ein bisschen, denn der Leichtmatrose Nagelsmann sei ja nur der List und Finte vom altgedienten Ancelotti auf den Leim gegangen. Auf so einen Bullshit muss man erstmal kommen. Die hat ja wohl den Schuss nicht gehört. So granatenmäßig kann ja keiner daneben zielen. Aber in der Hitze des Gefechts verfehlt ja selbst der erfahrenste Haudegen mal sein Ziel. War jedenfalls ne Bombenstimmung in Hoffenheim. Siegestaumel pur. Von diesen Heldentaten werden die Hoffenheimer einst ihren Enkeln noch viel zu erzählen haben.