Blau, Blau, Blau

Blau wird die Farbe der Saison. Zumindest in der Zweiten Bundeliga. Behaupten wir einfach mal so, geradeaus und ins Blaue hinein.

Ob auf Schalke, bei Hertha, Hamburg oder Kiel, und in Paderborn, Rostock und Magdeburg, sowie in Brauschweig und beim KSC: in der Hälfte der Zweitligastadien werden in dieser Saison überwiegend blaue Fahnen wehen. Die Farbe allein ist jedoch noch kein Erfolgsgarant. Es ist ja offensichtlich, dass man in der Ersten Liga blaue Textilien nämlich eher selten trägt. Heuer nur in Bochum, Darmstadt und Hoffenheim und wenn man die blauen Nadelstreifen auf den Heidenheim-Trikots großzügig noch hinzunimmt, sind das nur vier Vereine! Und von denen stehen, zumindest auf dem Papier, auch in der kommenden Saison alle voraussichtlich von Anfang an bis zur blauen Halskrause im Abstiegskampf. Blau scheint irgendwie die Farbe der Loser zu sein.

Dabei schreiben die poetische Farblehre und der deutsche Sprachwortschatz der blauen Farbe oft auch positive Dinge zu. Wer kennt es nicht: „Der Frühling lässt sein blaues Band, wieder flattern durch die Lüfte. Süße, wohlbekannte Düfte, Streifen ahnungsvoll das Land.“ Ob die HSV-Fans auch im nächsten Frühling wieder zwischen ihren flatternden, blauen Fahnen stehen und ahnungsvoll den süßen Duft der zu erwartenden Honigtöpfe in der Ersten Liga zu erschnuppern suchen? Um dann hinterher im letzten Moment wieder mit einem blauen Sträußchen Vergissmeinnicht abgespeist zu werden, wenn sie denn merken, dass Tim Walter ihnen in Sachen Aufstieg wieder mal das Blaue vom Himmel runtergelogen hat? Gut möglich!

Die Farbe Blau steht zudem für Hoffnung, Treue und Freundschaft. Als habe sich ein Prophet das eigens für die Schalker ausgedacht. Es gibt wohl kaum einen anderen Verein, bei dem die Fans diese drei Farbinterpretationen der Farbe Blau idealer verkörpern. Sie verlieren trotz chronischer Erfolgslosigkeit nie die Hoffnung, dass sich alles noch zum Besseren wendet und halten in Freundschaft und königsblauer Treue immer zu ihrem Verein. Auch wenn sich das manchmal kaum ohne ausreichend Alkohol am Spieltag ertragen lässt. Ganz nach dem Motto: „Heute Blau, morgen Blau und übermorgen wieder!“ Aber es ist natürlich ziemlich blauäugig, anhand solch mystischer Farbarithmetik überhaupt irgendwelche Rückschlüsse auf die Qualität der in blau gekleideten Fußballer zu schließen. Denn es gibt durchaus Stimmen, die behaupten, dass Blau eigentlich gar keine Farbe sei, sondern eher ein Zustand. Also etwas Metaphysisches, Unwirkliches, Schemenhaftes und nicht von dieser Welt.

Am Beispiel von Hertha BSC lässt sich für diese Theorie zumindest belegen, dass das Blaue, wenn schon nicht irdischer, keinesfalls überirdischer, sondern eher unterirdischer Herkunft sein muss. Ihr Fußball in der Abstiegssaison spricht Bände. Unterirdischer geht’s ja kaum. Immer pünktlich zum Spieltag hatten die hochbezahlten Fußballer verstandesmäßig blau gemacht. Als führen sie auf eine Fahrt ins Blaue und ließen dabei alle Sorgen und Pflichten hinter sich. Klar, dass man mit so einem Blues im Hirn nicht gewinnen kann. Und dass sich die Hertha-Fans hinterher Grün und Blau über ihre Blues-Brothers geärgert haben, interessierte sie keine blaue Bohne. Und obwohl die Fans im Olympiastadion nahezu jedes Mal ihr blaues Wunder erleben, gehen sie trotzdem immer wieder hin. Vielleicht sieht das Leben aus einer grün-blauen Hertha-Frosch-Perspektive aber auch einfach anders aus. Von dort, ganz unten betrachtet, werden ja auch blaue Zwerge und Schlümpfe optisch zu Riesen.

Apropos „Grün und Blau ärgern“: Blau und Grün ist nach Ansicht vieler Menschen ohnehin das Gleiche. Es ist zwar unmöglich in Glasgow, mit diesem Thema bei Celtic- und Rangers-Fans Gehör zu finden, doch die wissenschaftlichen Belege sind nicht von der Hand zu weisen. Welcher Mensch spricht bei „Hämatomen“, also „blauen Flecken“ schon von „grünen Flecken“ obwohl sie dieses ganz offensichtlich doch sind. Auch sprachwissenschaftlich ist die Farbdifferenz zwischen Grün und Blau nicht so recht zu greifen. Im Altägyptischen wurde zwischen den Farben Grün und Blau nicht unterschieden. Ob Grünblau, oder Grün oder Blaugrün und Blau, für alles gab es nur ein einziges Wort. Vielleicht wurde es den changierenden Farben des Wassers im Auge des Betrachters entlehnt. Alles Dasselbe! Und bei den alten Römern gab es angeblich überhaupt kein Wort für „Blau“. Warum? Hab keinen blauen Schimmer, sorry, Dunst! In der Alt-isländischen Sprache wiederum ist Blau identisch mit der Farbe Schwarz. Was aber auch nicht verwunderlich ist, wenn der Himmel hoch oben im Norden mal ein halbes Jahr lang ziemlich blau ist und den Rest der Zeit ziemlich schwarz.

Doch genug der Schwarzmalerei rund um die Farbe Blau. Die „Blaue Stunde“ am Übergang vom Tag zur Nacht und von der Nacht zum Tag steht sowohl für die aufsteigende Hoffnung als auch für den absteigenden Untergang in die Dunkelheit. Was die ganzen blauen Vereine in der Zweiten Liga in diesem Jahr daraus machen, das wissen nur die echten Propheten, nämlich die, die bis allerspätestens am Freitag, dem 28. Juli ihre Tipps hier gleich um die Ecke abgegeben haben. Also, los geht‘s: Auf die Blaue! Allez les Bleus! Come on you Blues! Forza Azzurri! Und alle Anderen auch!

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