Hoch die Tassen!

Lasset uns die Prophetinnen und Propheten der Saison feiern – am besten den ganzen Sommer lang.

Wer Meister wird, feiert auf Malle - am besten mit der ganzen Mannschaft, die Schinkenstraße rauf und runter. Insider behaupten, es soll auch schöne Ecken auf der Insel geben. Aber wen interessiert die Insel, wenn der Pott auf dem Tisch steht? Her mit dem Kelch. Das hamma uns verdient. Apropos: Wie heißt eigentlich die Mudda von Niki Lauda? Ach... ist grad etwas unpassend. Aber egal. Er hat ja schon Humor gehabt, der gute Niki, Gott hab ihn selig. Im Zusammenhang mit Pokalfeiern auf Malle muss aber an die Mannschaft der Sportfreunde Dorfmerkingen erinnert werden. Die Sportfreude aus dem Landstrich östlich der Ostalb hatten vor Jahren den Württembergischen Verbandspokal gewonnen. Auf der obligatorischen Reise auf die Partyinsel wurden sie dann vom Pokalsieger zum Pokalverlierer. Vermutlich waren sie alle pissen oder anderweitig unpässlich während der Pokal herrenlos auf dem Tisch des Bierkönigs stand. Hinterher war der Katzenjammer groß. Pokal weg. Das gute Stück, das vom Württembergischen Fußballverband nur leihweise übergeben wurde. Der Verband war not amused. Die Sportfreunde starteten einen facebook-Aufruf. Nach mehr als einer Million Klicks kam der rettende Anruf. Zuhause in Dorfmerkingen wurde eine Pressekonferenz einberufen. Handballer aus dem bayrischen Neusäß hatten die unbewachte Trophäe zum Kuscheln ins Hotel und mit nach Hause mitgenommen. Die Übergabe erfolgte stilecht an der Autobahnraststätte. Dorfmerkingen atmete auf. In den sozialen Medien freute sich ganz Deutschland über das Happy End.

Als weit verbreitetes Problem an üblichen Pokalen wird ihre alltägliche Nutzlosigkeit angesehen. Wenn der Siegesrausch vorbei ist, öffnet sich der Blick auf die Hässlichkeit mancher Trophäen. Nicht so bei den prophetischen Pokalen. Hier handelt es sich um schlichte Tassen. Angenehm spülmaschinenfest im übrigen. Und weil man nicht ständig in Champagnerlaune durch den Tag lustwandelt, freut sich die Tasse auf guten Tee oder starken Kaffee. Am Familien- oder Bürotisch macht sie sich blendend. Wortlos unterstreicht sie den persönlichen Triumph. Eigenlob verbietet der Anstand. Das übernimmt die Tasse. Es soll ehemalige Prophetengewinner geben, die den Applaus der Teilnehmer immer dann hören, wenn sie die Tasse am Henkel packen. So soll es sein. Auch bei den Tassen, die aktuell in Produktion sind, wird dieses akustische Gimmick wieder eingebaut.

Erste Prophetin der Saison 18/19: Rita Intili

Ja sowas: die Gattin. Ich hab schon immer gewusst, dass in unserem Hause Fußballsachverstand wohnt! Es hatte sich schließlich die gesamte Saison abgezeichnet: 118 Punkte sind es am letzten Spieltag, die die Prophetin Intili als eine der verdientesten Siegerinnen der prophetischen Geschichte auszeichnen. Zwischenzeitlich war die Dominatorin der Saison mit 14 Punkten Differenz an der Spitze. Seinerzeit weiter vorne als Dortmund – und das hat sich gelohnt. Denn selbst an den letzten Spieltagen, als Mannschaften mutig gegen ihre Prophezeiung spielten, verteidigte Prophetin Intili souverän ihre Spitze. Als prophetischer Schriftführer muss ich nun eben mit dem Vorwurf leben, unser System sei bestechlich. Aber bitte: Was Transparenz betrifft, ist die prophetische Plattform ganz vorne dabei. Ab Abgabe der Prophezeiung kann jeder Mitspieler die Eingebungen der anderen sehen. Jedem steht es frei, die Tabellen nachzurechnen. Transparency International wäre begeistert.

Vize-Prophetin der Saison 18/19: Kurt Iffland

Am letzten Spieltag wurde es nochmal knapp. Bis auf zwei lausige Punkte pirschte sich Prophet Iffland an die Erste Prophetin heran. Doch man springt zu kurz, wenn man nur die herausragende Leistung des großen Fußball- und Postpunkvirtuosen in der prophetischen Bundesliga in den Blick nimmt. Auch in der zweiten Liga prophezeite sich Iffland auf Platz 6, was den Verdacht nahelegt, dass man ihn auch zum Ludwigsburger Dackelrennen am Wochenende prophetisch befragen könnte. Die Iffland-Saisonleistung darf also als eine der besten gelten, seit wir die zweite Liga einführten. Gäbe es eine Kombinationswertung, Iffland wäre uns Durchschnittspropheten weit enteilt. Gibt es aber nicht, wir sind ja nicht bei Olympia, wo man sogar eine Rennrodelmixedstaffel erfunden hat, um den Wettbewerb in die Länge zu ziehen. Bei der Siegerehrung werden wir trotzdem den Prophetin Iffland gebührend würdigen. Und vielleicht ist das Bier, das wir ihm ausgeben, mehr wert als eine Goldmedaille in der Rennrodelmixedstaffel.

Ehren-Prophet der Saison 18/19: Manfred Merz

Wer schreibt, der bleibt. So die alte Weisheit unter Skatbrüdern. Als professioneller Werbeschreiber freut es ich mich ganz besonders, dass ein Kollege meiner Zunft bewiesen hat, dass es doch die Schreiber sind, die heimlich still und leise alle Zusammenhänge der Welt und der deutschen Fußballligen bestens im Griff haben. Manfred Merz hat am Ende der Saison sieben exaktrichtige Vorhersehungen zu verzeichnen. Im Einzelnen: Bayern Erster, Dortmund Zweiter, Leipzig Dritter, Mainz Zwölfter, Freiburg Dreizehnter, Augsburg Fünfzehnter und Hannover Siebzehnter. Irgendwie wie Sechs mit Zusatzzahl möchte man meinen. Doch zum Trost darf man feststellen: ein prophetischer Ehrentitel ist doch mehr wert als jeder Lottogewinn, oder?

Roter Prophet der Saison 18/19: Stefan Linn

Als wäre der Wirtschaftskrimi rund um den 1. FC Kaiserslautern nicht genug. Auch FCK-Fan Stefan Linn ist mit seiner Saison-Prophezeiung etwas ins kreative Fahrwasser geraten. Man darf vermuten, dass der Birkenfelder Linn die Vereine in Ermangelung des FCK nach Sympathie geordnet hatte. RB Leipzig, TSG Hoffenheim und VfL Wolfsburg auf den letzten Plätzen – das lässt einen Hang zu Traditionsklubs erahnen. Wie es sich genau mit seiner Prophezeiung verhalten hat, das werden wir bei der verdienten Siegerehrung erfahren. Ob wir die Siegerehrung im Fritz-Walter-Stadion auf dem Betzenberg abhalten werden? Ich freue mich jedenfalls auf die verdiente Würdigung. Endlich mal einer aus unserer Fraktion der Propheten aus Birkenfeld im Hunsrück, der einen Pokal bekommt. Dass es allerdings die rote Tasse sein wird, damit war aufgrund der bisherigen Performance dieser Herren nicht zu rechnen.

Zweitliga-Prophet der Saison 18/19: Martin Krieg

Lange Zeit war es ein Dreikampf an der Spitze. Martin Krieg hat sich am Ende durchgesetzt. Matthias Wimpff und Christoph Weiß wechselten sich die Saison über mit Martin Krieg an der Spitze ab. Den Propheten Weiß hat es besonders hart erwischt. Am letzten Spieltag ist er von 1 auf 11 zurückgefallen. Darum konnten sich die Propheten Wimpff und Michels noch auf die Plätze zwei und drei verbessern. Triumphator der Zweiten Liga ist jedoch einzig und allein der Gerlinger Martin Krieg, den ich vor Jahren schon als Ersten Propheten der Bundesliga auszeichnen durfte. Für den VfB-Fan Krieg ist es auch überaus praktisch, dass er bereits das gute Gespür für die zweite Liga entwickelt hat. Bei der Siegerehrung werden wir sicherlich die Gelegenheit haben, eine Expertenmeinung zur nächsten Saison von ihm zu erhalten.

Allen Propheten – den Tassendekorierten und allen Anderen – sagen wir herzlichen Glückwunsch zu einer hochklassigen prophetischen Saison. Die persönlichen Ehrenzeichen sind bereits in der Produktion. Wir werden uns in den nächsten Tagen bei den Würdenträgern melden. Und bitte nicht vergessen: Die zweite Liga geht wie immer zeitiger los, als man denkt: in diesem Jahr am letzten Juli-Wochenende. Wir werden dran bleiben.

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